backupnext

Bericht der Arbeitsgruppe Vegetationsgeschichte und Paläoökologie

(Leitung G. Lang, ab 31.3.1990 B. Ammann)

Allgemeines Ökologie hat immer auch eine Zeitachse; diese kann man mit unterschiedlicher Länge und Genauigkeit (oder Auflösung) in die Betrachtungen einbeziehen. Die Abteilung für Vegetationsgeschichte hatte über viele Jahre Anteil an der Erarbeitung der Grundlagen dieser "Langzeit-Vegetationskunde" für die Schweiz (z.B. Welten 1982) und - unter der Leitung von Gerhard Lang im Rahmen des IGCP-Projektes 158b (Lang 1985) - auch in Europa. Die Voraussetzungen der Zusammenarbeit waren an der Uni Bern stets besonders günstig, dank zahlreicher Kollegen, die stets hilfsbereite und interessante Gesprächspartner waren: Kollegen aus den Labors für Radiokarbon-Datierung und für Analysen stabiler Isotope am Physikalischen Institut, aus der Umweltchemie für die Bleidatierungen, Klimatologen am Geographischen Institut und Sedimentologen und Quartärgeologen am Geologischen Institut.

Unterricht

Der einführende Halbblock im Wintersemester gibt eine Einführung in die quartäre Paläoökologie (anfangs 2-stündige Vorlesung, später zusätzlich 1 Stunde Seminar) mit einem Praktikum, dessen Schwergewicht bei der Pollenanalyse liegt; hierbei war die Mitarbeit von Lucia Wick, Jacqueline van Leeuwen und Andy Lotter sehr wertvoll. Der fortführende Halbblock des Sommersemesters besteht aus einer 1-stündigen Vorlesung, einem 1-stündigen Seminar und einer 5 - 10 tägigen Exkursion. Letztere ging aus der von Gerhard Lang im Jahr 1976 gegründeten sogenannten "Moorexkursion" hervor. Wir schätzen uns glücklich, immer wieder mit Exkursionsführern der jeweiligen Region vegetationsgeschichtliche Ergebnisse kennenlernen zu können (vgl. Institutsexkursionen). Zudem hat diese Exkursionstradition noch einen weiteren integrierenden Effekt: neben fortgeschrittenen Studierenden ist immer auch die ältere Generation von Vegetationsgeschichtlern aus verschiedenen europäischen Ländern vertreten, so dass manche, sich später als fruchtbar erweisende Kontakte geknüpft und lebhafte Diskussionen entfacht werden.

Forschungsprojekte in Vegetationsgeschichte und Paläoökologie

Als Max Welten 1982 an Brigitta Amman ein Exemplar seines grossen Doppelbandes Lotter, A.F. überreichte, schrieb er als Widmung ein einziges Wort auf die Titelseite; dieses Wort heisst "Weiterbauen!" Wir haben dies ernst genommen: einerseits indem die Idee des Alpen-Transekts weiter gepflegt wurde, anderseits indem der Aufbau einer relationalen Datenbank für alpine Vegetationsgeschichte ein zentrales Anliegen eines Nationalfonds-Projektes wurde. Den Transekt verstehen wir nicht nur auf die Alpen beschränkt (z.B. Diplomarbeit von Chrstoph Grupp am Simplon), sondern unter Einschluss des Jura (Diplomarbeit von Andreas Fankhauser), des Mittellandes (Ammann 1989) und des Alpensüdfusses (Dissertation von Lucia Wick). Die Palynologische Datenbank für die Alpen (ALPADABA) ist kompatibel mit der Europäischen Datenbank in Arles/F und soll dereinst den gesamten Alpenbogen umfassen. Die grösste Zahl von z.Z. aufgenommenen Lokalitäten stammt aus dem Werk von Max Welten (1982 und andere). Der Datenbank-Manager Dr. W.O. Van der Knaap (besser bekannt unter dem Namen Pim) baute nicht nur Pollendaten, sondern all die Umweltdaten zu jedem Bohrpunkt in die Paradox-gestützte Datenbank ein. Diese ist nun funktionell und wird zur Zeit für erste Forschungsfragen eingesetzt. Mit der Dissertation von André F. Lotter (1988) am Rotsee und späteren Arbeiten am Soppensee und Faulenseemoos wurden neben Pollen und pflanzlichen Grossresten auch Diatomeen bearbeitet. Die Verknüpfung terrestrischer und aquatischer Ökosyteme und deren Geschichte erweist sich als besonders fruchtbar und spannend, sei dies unter den Aspekten von Klimawandel oder menschlichem Einfluss.

Ein Jubiläum und eine Festschrift

Im Spätherbst 1994 zirkulierte unter Paläoökologen das Wortspiel: "Gell, das Buch von G. Lang ist fein herausgekommen!" "Welches von beiden meinst Du?"

Vom Autor Gerhard Lang erschien damals das langersehnte Lehrbuch bei Fischer/Jena: "Quartäre Vegetationsgeschichte Europas. Methoden und Ergebnisse" - ein echtes Standardwerk, voller ansprechender, neugestalteter Figuren und in seiner Art ohne Vorgänger. Das andere Buch ist nicht von, sondern für G. Lang, nämlich seine Festschrift zum 70. Geburtstag, herausgegeben von A.F. Lotter und B. Ammann. Wir freuten uns, dem Jubilaren das Buch anlässlich des Jahrestreffens des Arbeitskreises für Vegetationsgeschichte der Reinhold-Tüxen-Gesellschaft am 18.-20. November 1994 in Bern überreichen zu können. Eine zweite Auflage wird sicher nur das Lehrbuch erfahren.

back next

Erwähnte Literatur

Ammann, B. 1989: Late-Quarternary Palynology at Lobsigensee. Regional Vegetation History and local Lake Developement. Diss. Bot. 137, 157 pp und 54 Diagramme.
Lang, G. 1985: Swiss Lake and Mire Environments during the last 15 000 Years. Diss. Bot. 87, 428 pp.
Lang, G. 1994: Quartäre Vegetationsgeschichte Europas. Methoden und Ergebnisse. Fischer, Jena. 462 pp.
Lotter, A.F. 1988: Paläoökologische und paläolimnologische Studie des Rotsees bei Luzern. Pollen-, grossrest-, diatomeen- und sedimentanalytische Untersuchungen. Diss. Bot. 124, 187 pp und 11 Diagramme.
Lotter, A.F. und Ammann, B. 1994: Festschrift G. Lang. Beiträge zu Systematik und Evolution, Floristik und Geobotanik, Vegetationsgeschichte und Paläoökologie. Diss. Bot. 234, 587 pp.
Welten, M. 1982: Vegetationsgeschichtliche Untersuchungen in den westlichen Schweizer Alpen: Bern - Wallis. Denkchriften der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft, 95: 1-104 und 37 Diagramme.

Bern, im September 1996 B. Ammann